Carmen Thornton ist selbstständige Rechtsanwältin in Wien. Ihre Kanzlei ist spezialisiert auf Trennungen und Scheidungen sowie Obsorge- und Unterhaltsverfahren. Auf derStandard.at/Familie beantwortet sie rechtliche Fragen bezüglich des Familienlebens.

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Nach wie vor wird der weitaus überwiegende Teil der unbezahlten Arbeit (Haushalt und Kindererziehung) von Frauen übernommen. Dies führt nicht nur dazu, dass Frauen während des Erwerbslebens deutlich weniger verdienen, sondern wirkt sich auch dementsprechend negativ auf die Pension aus. Die Unterschiede bei den Pensionen sind noch größer als jene bei den Einkommen.

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Das freiwillige Pensionssplitting gibt es in Österreich schon seit 15 Jahren – dennoch wird es kaum in Anspruch genommen.
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Frauen in der Teilzeitfalle

Der Hauptgrund ist, dass Frauen wegen der Kinderbetreuung häufiger in Karenz gehen und danach regelmäßig in Teilzeit arbeiten. Die fehlenden Beitragsjahre lassen sich bis zum Pensionsantrittsalter nicht wieder aufholen. Durch das niedrigere Pensionsantrittsalter werden die Pensionsunterschiede noch verstärkt, sodass Frauen beim Pensionsantritt im Durchschnitt zehn Beitragsjahre weniger aufweisen als Männer. Frauen, die sich um Haushalt und Kindererziehung kümmern, sind im Alter besonders armutsgefährdet. Was leider noch immer viel zu wenige Frauen wissen: In Österreich gibt es eine Möglichkeit, die Pensionslücke zumindest teilweise zu schließen, nämlich das freiwillige Pensionssplitting.

Gutschrift aufs Pensionskonto

Beim Pensionssplitting kann der berufstätige Elternteil nach der Geburt des Kindes bis zu 50 Prozent seiner Pensionsgutschrift auf den Partner, der sich der Kindererziehung widmet, übertragen lassen. Dieser bekommt (zusätzlich zur automatischen Anrechnung der Kindererziehungszeiten) eine entsprechende Gutschrift auf sein Pensionskonto. Die Eltern müssen dafür weder verheiratet sein noch in einem gemeinsamen Haushalt leben. Das Pensionssplitting ist für die ersten sieben Lebensjahre des Kindes (bei mehreren Kindern für insgesamt 14 Jahre) möglich und kann auch noch im Nachhinein bis zum zehnten Geburtstag des jüngsten Kindes beantragt werden. Für die Pensionsversicherungsanstalt (PVA) ist es dabei irrelevant, ob der Elternteil, der hauptsächlich die Kindererziehung übernimmt, gar nicht, geringfügig oder in Teilzeit arbeitet.

Automatisches Pensionssplitting wünschenswert

Leider gibt es in Österreich noch immer keine automatische Anrechnung der Beiträge. Es müssen also beide Elternteile eine entsprechende Vereinbarung treffen und einen Antrag bei der Sozialversicherung stellen. Das und die fehlende Information durch die Sozialversicherungsträger sind auch die Hauptgründe dafür, warum das Pensionssplitting nur selten in Anspruch genommen wird. Andere Länder sind hier deutlich fortschrittlicher: In der Schweiz wurde das automatische Pensionssplitting schon vor zwanzig Jahren eingeführt. Auch in Schweden werden die Beiträge der Eltern für zehn bis maximal 15 Jahre automatisch zwischen den beiden Partnern aufgeteilt, sofern sie sich nicht bewusst (und einvernehmlich) dagegen entscheiden. Ein solches Modell wäre auch in Österreich wünschenswert. Allen Lippenbekenntnissen zum Trotz scheint dies derzeit aber politisch nicht umsetzbar. Es liegt daher an den Frauen, die sich hauptsächlich um die Betreuung der Kinder kümmern, dieses Thema von sich aus anzusprechen. Als Bittsteller sollte man sich dabei nicht fühlen. Wenn ein Teil den Hauptteil der Betreuungsarbeit übernimmt, ist es nur fair und ein Zeichen der Wertschätzung, wenn sich die Eltern zumindest die Pensionszeiten gerecht aufteilen.

Auch wenn Pensionssplitting an sich eine gute Sache ist, das Problem der mangelnden Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird dadurch nicht gelöst. Um die hohe Teilzeitquote zu senken, wäre vor allem eine flächendeckende Kinderbetreuung erforderlich, die mit einer Vollzeitbeschäftigung vereinbar ist. Derzeit können Eltern gerade in ländlichen Regionen von ganztägigen Kindergartenöffnungszeiten und einer kostenlosen oder leistbaren Nachmittagsbetreuung in Schulen allerdings nur träumen. (Carmen Thornton, 2.1.2020)